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 Fragen an die Modespezialistin
 Calida im Jugendtest

  Einige Fragen an die Modespezialistin Meta Völk

Seit rund vierzig Jahren kennt man Sie bei der Zeitung
Der Bund als Redaktorin für Frauenthemen angestellt. Wie kam das ?

Im Frühling 1959, als der BUND ein Frauenressort einführte, hat mich mein Mann ermuntert, dies zu versuchen. Ich war zehn Jahre lang die erste Frau in einem reinen Männergremium. Nur die NZZ hatte zu dieser Zeit auch bereits eine Redaktorin. Ich bekam die Stelle nur, weil das Ressort auch den Modebereich umfasste und weil ich mich darin bereits recht gut auskannte. Auch ein Dr. Phl. hat sich damals um die Stelle beworben. Der hatte aber keine Ahnung von Mode. Die Modebeilagen des BUND waren damals sehr wichtig und hatten nationale Ausstrahlung.

Sie wurden also in erster Linie als Modespezialistin angestellt ?

Mein Ressort umfasste natürlich noch viel mehr. Der Modeteil war aber wie gesagt schon sehr wichtig. In den Rubriken Seite der Frau, Welt der Hausfrau und Tatsachen-Tendenzen-Tips beschäftigte ich mich mit den verschiedensten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen, die Frauen betreffen. 1971, als das Frauenstimmrecht endlich eingeführt wurde, schrieb ich auch Leitartikel.
Zur gleichen Zeit kamen die Bücher der amerikanischen Soziologin Betty Frieden, die propagierte, dass sich die Frauen nicht mehr nur an ihrer Rolle als Ehefrauen und Mütter orientieren sollen. Das ging wie ein Lauffeuer durch die USA und wurde auch bei uns heiss diskutiert. Das war zum Beispiel etwas, das bewegt hat.
Dann, so ab mitte 70er-Jahre, führte ich das Forum der Jugend ein, um die Jungen besser an die Zeitung zu binden. Ich lud Maturandenklassen auf die Redaktion ein, um sie zu motivieren, etwas zu schreiben. Als ich dann nach etwa zehn Jahren sah, dass überall Schülerzeitungen entstanden, wurde das Forum wieder abgeschafft.

All dies war Teil des Frauenressorts ?

Ja, das waren einfach thematische Erweiterungen. Gleich wie mitte 80er-Jahre, als Mode- und Pflegeprodukte für Männer auch zu einem Thema wurden. Plötzlich kamen Männerparfums auf und in Frankfurt gab es die ersten grossen Pr„sentationen von Männermode.

Wie würden Sie ihr ehemaliges Ressort definieren? Was wollten Sie bewirken ?

Mir ging es immer darum, Orientierung und Information zu bieten. Nicht einfach zu propagieren, was mir passte. Ich ging neben Paris und Mailand natürlich auch an unzählige Modeshows, die von Berner Kleidergeschäften oder von jungen Schneidern hier in der Schweiz organisiert wurden.

Die aktuellen Trends der elit„ren Haute Couture einem breiten Publikum zu vermitteln dürfte ja nicht ganz einfach sein ...

Nun, es gibt natürlich immer auch Bezüge zur Alltagsmode. Bei den grossen Modeshows der Haute Couture und des Prèt à porter konnte man in Paris füher ganz konkret gewisse Trends ablesen. Ein gutes Beispiel weiss ich dazu von Vivian Westwood, einer sehr bekannten Modemacherin aus England. Die brachte an einer Prèt à porter- Show zu Abendkleidern erstmals Schuhe mit extrem dicken Solen. Für jemanden mit ästetischem Empfinden war das unmäglich. Das fiel auch völlig durch. Dann kam der Karl Lagerfeld, erwiesenermassen ein ganz gewitzter, der die gleiche Idee in seine Haute Couture einbaute. Er brachte die Schuhe zu durchsichtigen Blusen, Jupes und Jeansjacken. Das gab einen ziemlichen Wirbel. Viele waren entsetzt und meinten, das sehe ja aus wie im horizontalen Gewerbe. Doch die Idee schlug voll ein. Bei dieser Show sass ich neben einer ganz jungen Frau und die hatte unheilich viel Freude daran. Mir gefiel das ganze nicht so, ich fand es eher ein Beispiel für sehr schlechten Geschmack. Aber wenn die Jungen das toll finden, dann wird es auch ankommen.
Die Frage ist nicht, ob es mir gefällt oder nicht, sondern einfach, wie es aufgenommen wird. Die Mode macht ja heute die Konsumentin. Sie ist diejenige, die mit dem, was sie trägt, bestimmt, was Mode wird. Ich habe von 1974 bis 94, als ich regelmässig nach Paris fuhr, immer wieder von Kolleginnen Sachen gehört wie: "Das gefällt mir nicht, darüber schreibe ich nicht." Das ist natürlich völliger Blödsinn. Mich interessierte immer nur, was wohl kommen wird.

Was sich durchsetzt entscheidet sich also letztlich weniger auf dem Laufsteg, als durch die Konsumentin, die einfach kauft, was ihr gerade gefällt ?

Was man an diesem Beispiel auch sehr gut sieht, ist, dass es daneben immer auch darauf ankommt, wer so eine Idee promotet. Der Karl Lagerfeld war ja bereits mit 14 Jahren als Milionärssohn nach Paris gekommen. Der hatte natürlich immer schon die Fäden zu den Damen der Gesellschaft gespannt. Ein kleiner, unbekannter, hätte schon Glück haben mussen, um überhaupt in solche Kreise hineinzukommen. Ausser er hat jemanden, der ihn pusht.
Heute finden sie solche Schuhe, wie sie Westwood und Lagerfeld damals präsentierten, in jedem Schugeschäft oder auch bei LOEB.

Wodurch ist denn heute die heutige Alltagsmode vor allem beeinflusst ?

Der Einfluss von Haute Couture und Prèt à porter auf das, was heute auf der Strasse getragen wird, zeigt sich heute nur noch sehr selten. Es ist nicht mehr so, dass man bei einer Modeshow ablesen könnte, was in zwei Jahren getragen wird. Die Zeit der grossen glamourösen Modeshows ist heute sowieso vorbei.
Heute dominieren auf der Strasse die grossen Marken. Tommy Hilfiger oder Nike. Die ganze Markengeschichte hat sich völlig verselbstständigt. Das ganze wurde von den Werbern in die Hand genommen. Dann kamen die Slogans. Ein gutes Beispiel haben sie mit Lacoste. Das ganze geht auf diesen Tennisspieler zurück und auf ein weisses T-Shirt mit einem kleinen Krokodil drauf. Heute habenb die ein völlig breitgefächertes angebot.
Früher ist man ausgekommen mit einer Tages- und einer Abendmode. Dann kam der Sportbereich dazu, der sich seither kontinuierlich ausbreitet. Heute haben sie für praktisch jede Sportart eine eigene Kleidung. Ausserdem greift der etwa Tennisbereich immer mehr in die normale Freizeitbekleidung ein. Heute ist das Angebot überall so vielfältig, dass man versuchen muss, sich mit einer Marke und dem entsprechenden Life-Style von den anderen zu unterscheiden. Das sind die heutigen Werbeprobleme einer Firma.

In welchem Bereich gibt es die grössten Veränderungen ?

Die sieht man ganz eindeutig bei den Kids. Diese Markengeilheit. Und dazu die Verunsicherung zuhause: Warum brauch mein Jung jetzt schon wieder neue Turnschuhe ?
Das zwingt dann auch die Eltern dazu, sich mit dem ganzen Markenzeugs zu befassen. Das macht sich die Werbung natürlich auch übers Fernsehen zunutze. Das Aufkommen des Fernsehens hat da sehr viel bewirkt. Da braucht es keine Beschreibung mehr. Worauf diese ganze Entwicklung herausläuft, kann man nicht voraussagen.

Mussten Sie innerhalb der Redaktion eigentlich um die Akzeptenz Ihrer Themen - vor allem der Mode - kämpfen ?

Vielleicht, wenn es um die Platzverteilung in der Zeitung ging. Weil andere Themen vielleicht grad wichtiger waren. In den 60er-Jahren war so eine Modebeilage vor allem auch ein gutes Anzeigengeschäft. Zu meiner Zeit gab es aber immer eine strenge Trennung zweischen den Anzeigen und der im redaktionellen Inhalt berücksichtigten Mode. Das ist heute auch nicht mehr ganz so.
In den letzten zehn Jahren wurde dann die Mode, und mit ihr auch andere gesellschaftliche Themen, etwas verdrängt. Vor allem dem Computer wurde immer mehr Platz eingeräumt.

Zählen für sie Werbungen wie diejenigen von Calida eigentlich überhaupt zum Bereich Mode ?

[Meta Völk schaut sich einige Calida-Werbungen aus den 70er- und 80er-Jahren an ] Hier geht es um Bekleidung, nicht um Mode. Um Unterwäsche, hauptsächlich.
Die ganz neuen Sachen zeigen zum Teil in einen Life-Style. Das ist dann schon Mode-Werbung. Das ist auch sehr gut fotografiert [deutet auf ein Motiv aus der CALIDA BODYWEAR - Kampagne von 1999].